Die synthetische Biologie macht rasante Fortschritte. Sie verändert bestehende Organismen und schafft neue Lebewesen. Fluch oder Segen? Ein Chemiker schüttet ein paar Substanzen in eine blubbernde Flüssigkeit, rührt das Ganze um, und schon entsteht neues Leben: Solche Science-Fiction-Vorstellungen haben mit den Zielen der synthetischen Biologie wenig zu tun. Ihr geht es nicht in erster Linie darum, neue Organismen zu schaffen, sondern bereits bestehende zu verändern. Wissenschaftler manipulieren nicht mehr nur einzelne Gene, sondern ganze Genabschnitte oder das gesamte Genom. Solche Veränderungen der DNA können Organismen dazu bringen, Chemikalien wie Treibstoffe oder medizinisch wirksame Substanzen zu produzieren. Dabei geht es darum, Prinzipien der Ingenieurskunst auf die Biologie zu übertragen. Man kann sich etwa Bambuspflanzen vorstellen, die so programmiert sind, dass sie bereits in der Form eines Stuhls wachsen, anstatt von Menschen oder Maschinen zu dem Möbelstück verarbeitet zu werden.

Weitere Möglichkeiten:

– Solarzellen, die von selbst heranwachsen
– so, wie dies Blätter von Pflanzen längst tun; – Bäume, deren Stämme Dieselkraftstoff absondern;
– biologische Systeme, die so umgebaut werden, dass sie Umweltverschmutzungen beseitigen oder unter neuen klimatischen Verhältnissen gedeihen;
– umprogrammierte Bakterien, die wie eine Armee winziger Ärzte in den menschlichen Körper eindringen und Krankheiten heilen. In kleinem Maßstab geschieht dies bereits. In Waschmitteln werden Enzyme von Mikroben eingesetzt, die bei hohen Temperaturen gedeihen. Diese wurden inzwischen so umprogrammiert, dass sie die Wäsche auch in kaltem Wasser sauber kriegen. Das spart eine Menge Energie.

Nur einige wenige Wissenschaftler versuchen sich daran, das Leben tatsächlich neu zu erschaffen. Am amerikanischen J. Craig Venter Institute wurde ein Bakteriengenom von Grund auf neu zusammengesetzt. Andere Forscher haben synthetische Organellen erzeugt, das sind Zellbestandteile mit bestimmten Funktionen. Leben vom Reißbrett ist also keine Utopie mehr. Das heißt aber noch lange nicht, dass die Wissenschaftler eines Tages verstehen werden, wie das Leben einst entstanden ist. Aber es könnte zu einem besseren Verständnis für andere Lebensformen auf unserem Planeten führen. Drew Endy, Molekularbiologe an der kalifornischen Stanford University, prophezeit: »Der Nutzen könnte darin bestehen, dass unsere Zivilisation in eine Partnerschaft mit dem Leben auf molekularem Niveau eintritt und dann die Materialien, die Energie und die Rohstoffe, die sie benötigt, auf nachhaltige Weise erzeugen könnte.

Die Welt von Morgen Reihe Überblick:
Teil 1 – Das Klonen von Menschen
Teil 2 – Vorstoß in neue Dimensionen des Raums
Teil 3 – Die nukleare Katastrophe
Teil 4 – Fusionsreaktoren lösen unsere Energieprobleme
Teil 5 – Eine Pandemie breitet sich aus
Teil 6 – Maschinen fangen an zu denken
Teil 7 – Tote Materie wird zum Leben erweckt