Ken Jebsen im Gespräch mit dem als „Popstar“ der Neurobiologie gefeierten Gerald Hüther. Wird in Schulen noch gelernt und wenn ja für wen? Eine spannende Fragestellung deren Grundlange eine noch spannendere ist: Woher kommt das lernen überhaupt, ist es antrainiert oder ein natürlicher Instinkt oder hat Lernen womöglich ausschließlich mit Freude zu tun? Wie passt Freude überhaupt in das Konzept des Lernens, wo doch teilweise Schüler von „in die Schule gehen müssen“ sprechen, statt sich danach zu sehen mehr über die Welt zu lernen? Viele Fragen auf welche diese Gespräch auch viele Antworten liefert.

Inhaltsauszug:

Die hebbsche Lernregel, verkürzt in dem Ausspruch: „What fires together, wires together“, ist die grundlegende Essenz dessen, was die vergangenen Jahrzehnte in der Hirnforschung hervorgebracht haben. Neuroplastizität nennt sich das dahinter verborgene Phänomen, welches ganz nach seiner inhärenten Logik dafür sorgt, dass wir alle, die wir eine Schule aufgesucht haben, den Lernprozess unweigerlich mit dieser Institution in Verbindung setzen.

Nun würde dies an sich kein Problem darstellen, wenn Schulen tatsächlich Orte wären, in denen die im Menschen verankerte Lernbereitschaft genährt würde und Rücksicht auf die individuellen Voraussetzungen eines jeden Einzelnen genommen würde. Wie wir wissen, ist die Realität jedoch vielerorts eine andere: Die Mehrheit der Menschen musste von der frühen Kindheit bis ins junge Erwachsenenalter die Erfahrung machen, dass an Schulen genau das Gegenteil dessen passiert, was sich alle Beteiligten – von den Eltern über die Schüler bis zu den Lehrern – von ihr erhoffen. Bereits wenige Jahre, in denen einem jungen Menschen die Zwangsjacke der Schulpädagogik übergestreift wird, reichen aus, um das innere Feuer der Neugierde – die oft beschworene „Freude am Lernen“ – für immer auszulöschen.

Zwar stellt die Gesellschaft eine breite Palette an Ersatzbefriedigungen bereit, um das entstandene Loch irgendwie zu stopfen, doch keine Fast-Food-Orgie und auch kein Konsumrausch werden auf lange Sicht je in der Lage sein, ein wohliges Kohärenzgefühl im Gehirn zu erwirken.

Schulen sind keine Entfaltungsorte, sondern ein wichtiger Seitenarm des Systems zur Wahrung von Konformität gegenüber der herrschenden Ordnung…

Quelle: https://kenfm.de/gerald-huether/

Gerald Hüther

wurde 1951 in Emleben - Deutschland geboren. Er ist Neurobiologe und Autor populärwissenschaftlicher Bücher und anderer Schriften. Hüther studierte Biologie an der Universität Leipzig und wurde dort auch während einer wissenschaftlichen Assistententätigkeit an der Universität Jena promoviert. Von 1979 bis 1989 forschte er in Göttingen am Max-Planck-Institut für experimentelle Medizin auf dem Gebiet der Hirnentwicklungsstörungen.

Webseite: https://www.gerald-huether.de/

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