Die Erde bekommt derzeit die Auswirkungen eines schweren Sonnensturms zu spüren. Die Wolke aus geladenen Teilchen erreichte die Erde am Donnerstag gegen 11.45 Uhr MEZ, wie die US-Behörde für Wetter- und Meeresforschung (NOAA) mitteilte. Der Solarsturm begann mit einer Sonneneruption am vergangenen Sonntag. Dabei wurde Plasma ausgestoßen und mit einer Geschwindigkeit von 6,4 Millionen Kilometern pro Stunde ins Weltall geschleudert. Weitere Sonneneruptionen ereigneten sich in der Nacht zum Mittwoch und lösten den besonders heftigen Sonnensturm aus. Die NASA ordnete ihn auf ihrer fünfstufigen Skala bei Stärke drei ein. Allein die Sonneneruptionen selbst hätten auf der Erde bereits zu kurzen Ausfällen im Hochfrequenzfunk geführt, teilte die NOAA mit.
Positiv wird sich der Solarsturm auf die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von Polarlichtern auswirken. Vor allem im Norden Europas rechnen die Experten mit den bunten Leuchterscheinungen. Es sei vermutlich der größte Sonnensturm, der seit Dezember 2006 auf die Erde treffe, sagte NOAA-Experte Joseph Kunches. Da die Sonnenaktivität anhalte, könnten in den kommenden Tagen weitere Sonnenstürme die Erde treffen. Fluggesellschaften hätten bereits reagiert und Flugrouten über die Erdpole umgeleitet, sagte Kunches.
Neben möglichen Störungen von Satelliten und Funkverkehr auf der Erde warnte die NASA auch vor Folgen für die Besatzung der internationalen Raumstation ISS. Derzeit gebe es indes keinen Anlass zur Sorge um die Sicherheit der sechs Astronauten an Bord der ISS, sagte NASA-Sprecher Mike Curie. Die Eruption in der Nacht zum Mittwoch habe in der linken Sonnenhälfte gelegen, der Hauptsturm fliege deshalb wohl links an der Erde vorbei, sagte Werner Curdt vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung (MPS) im niedersächsischen Katlenburg-Lindau. Der Sturm im Jänner habe die Erde rechts passiert. Das Gebiet auf der Sonne, in dem die aktuelle Eruption erfolgte, sei aber weiter aktiv. Es liege jetzt etwa auf der Sonnenmitte – am kommenden Wochenende sei deshalb die Wahrscheinlichkeit für gewaltige Sonnenstürme, die die Erde direkt treffen, am höchsten.
Probleme verursacht der Sonnensturm vor allem bei einigen Weltraum-Sonden, erklärt Paolo Ferri vom Raumflugkontrollzentrum Esoc der europäischen Raumfahrtagentur Esa. Die Lage mancher Satelliten werde über spezielle Sternensensoren gesteuert. „Diese Sternensensoren werden praktisch blind, wenn dieser Sturm geladener Partikel kommt. Im Moment erleben wir das bei „Venus Express“.“ Die Raumsonde fliege um die Venus, die Intensität des Sonnensturms sei dort noch stärker. Ausweichend könnten Radiosignale zur Lagesteuerung genutzt werden – das sei aber sehr aufwendig und nicht so präzise.
Die Sonne bewegt sich derzeit auf das Aktivitäts-Maximum in ihrem elfjährigen Zyklus zu. Der Höhepunkt der Sonnenaktivität wird nach Angaben der NASA für 2013 erwartet. Experten befürchten, dass es dadurch verstärkt zu Störungen im Alltag kommen könne, da mittlerweile Satelliten und Navigationssysteme viel stärker verwendet werden als früher. Grundsätzlich wird die Erde aber durch ihr starkes Magnetfeld vor den Auswirkungen geschützt.
Schon früher beeinflussten Sonneneruptionen und die folgenden magnetischen Stürme das Leben auf der Erde. Die erste größere Sonneneruption wurde 1859 vom britischen Forscher Richard Carrington entdeckt. Die NASA berichtete von Störungen des Telefonnetzes in Bundesstaat Illinois durch einen Sonnensturm 1972 und von Stromausfällen in der kanadischen Provinz Québec 1989.