Das umfassende Wirtschafts- und Handelsabkommen CETA zwischen Kanada und der EU, welches derzeit verhandelt wird und noch dieses Jahr zum Abschluss kommen soll, enthält derzeit Sachverhalte aus dem umstrittenen und vom EU-Parlament abgelehnten Anti-Piraterieabkommen ACTA. Das ergibt eine parlamentarische Anfrage des EU-Abgeordneten Martin Ehrenhauser an die EU-Kommission.

Schon seit dem Aus des umstrittenen Anti-Piraterie-Abkommens ACTA im EU-Parlament Anfang Juli warnen Netzaktivisten davor, dass Teile davon – und zwar die besonders heiklen – durch die Hintertür wieder kommen könnten. Wie die futurezone berichtet hat, lebt der Geist von ACTA weiter – in Vorhaben wie IPRED 2, TPP oder CETA. Dass bei CETA, dem Comprehensive Economic and Trade Agreement zwischen Kanada und der EU, nun zuvor umstrittene Artikel weiter Gegenstand der Verhandlungen sind, wird nun durch eine parlamentarische Anfrage des unabhängigen EU-Abgeordneten Martin Ehrenhauser enthüllt, die der futurezone vorliegt (PDF).

Zwar handelt es sich dabei nicht um die Passagen zur verstärkten „Kooperation“ zwischen Internetprovidern und Rechteinhabern oder zum zivilrechtlichen Auskunftsanspruch zu IP-Adressen, aber um „andere in Artikel 27 des ACTA geregelte Sachverhalte, wie technische Schutzvorkehrungen und die Verwaltung digitaler Rechte (…)“, wie der belgische EU-Handelskommissar Karel De Gucht in der Anfragebeantwortung der parlamentarischen Anfrage mitteilt.

Schutz von Kopierschutztechnologien

Wie bei ACTA würde das auch bei CETA bedeuten, dass die Vertragsparteien gesetzliche Regelungen vereinbaren, die das Umgehen von Kopierschutz (Digital Rights Management/DRM) sowie die Herstellung, Verbreitung und Nutzung von Verfahren, die zur Beseitigung eines solchen Schutzmechanismus dienen, unter Strafe zu stellen sind. Durch diesen Handelsvertrag werden Kopierschutztechnologien international gefestigt anstatt aufgelöst. Das hat zur Folge, dass das Recht auf Privatkopie (das es z.B. in Österreich gibt) weiter in die Ferne rückt. Auch die Rechtsbehelfe zur Abschreckung von Verletzungshandlungen (27.1 ACTA) könnten weiter bestehen bleiben.

„Kritische Elemente des zu Recht abgelehnten ACTA-Abkommens sollen nun durch die CETA-Hintertür Wirklichkeit werden. Erneut wird versucht antiquiertes Urheberrecht einzuzementieren. Zuerst müssen wir den Reformprozess in Europa beenden, bevor wir unsere Handlungsfähigkeit durch unausgereifte internationale Verträge selbst beschneiden“, kritisiert Ehrenhauser. Mit jedem internationalen Vertrag, der gewisse Elemente wie in diesem Fall z.B. den Schutz von DRM festschreibt, werden notwendige Reformen auf EU-Ebene nämlich schwieriger umzusetzen. Darüber hinaus besteht auch weiterhin die Gefahr, dass unklare Formulierungen wie „fair process“ anstatt „fair trial“ in dem Abkommenstext wiederzufinden sind. „Fair process“ ist nicht die offizielle in internationalen Verträgen gültige Übersetzung für ein faires Gerichtsverfahren, sondern eben „fair trial“.

Geistige Eigentumsrechte weiter „von Bedeutung“

Die Antwort auf die parlamentarische Anfrage ergab weiters, dass im Abkommen zwischen Kanada und der EU sehr wohl ein Kapitel zu Rechten des geistigen Eigentums (IPR) enthalten sein wird. Diese Frage sei besonders für die Interessensträger der EU von besonderer Bedeutung, so De Gucht. Es wird allerdings auch bestätigt, was der Sprecher des EU-Handelskommissars, John Clancy, im Juli bereits getwittert hatte, nachdem der kanadische Copyright-Forscher Michael Geist einen früheren Entwurf des Abkommens veröffentlicht hatte, in dem wörtlich übernommene Passagen von ACTA zu finden waren. „Die Bestimmungen zur IPR-Durchsetzung im Internet, unter anderem Artikel 27.3 und 27.4 des ACTA, werden im CETA nicht zu finden sein“, heißt es in der Anfragebeantwortung.

Das Wirtschafts- und Handelsabkommen zwischen Kanada und der EU soll bis Ende des Jahres fertig verhandelt sein, derzeit gab es dazu neun Verhandlungsrunden. Die Verhandlungen finden nach wie vor im Geheimen statt, die Verhandlungstexte werden der Öffentlichkeit nicht zur Verfügung gestellt. Erst wenn der endgültige Text feststeht, werde „in enger Abstimmung mit unseren Verhandlungspartnern“ ein Veröffentlichungstermin vereinbart, heißt es von De Gucht.“Die Kommission hat die Kritik an ACTA nicht verstanden. Die Bürger haben ein Recht darauf, zu wissen, was in ihrem Namen verhandelt wird. Dieses intransparente Vorgehen muss endlich ein Ende haben“, fordert Ehrenhauser.

Quelle: futurezone.at