Die „European Digital Rights“-Initiative hat einen Entwurf (PDF-Datei) für einen Beschluss der G8-Staaten zum besseren „Schutz geistigen Eigentums“ veröffentlicht, der auf die umstrittene ACTA-Vereinbarung folgen soll. Anders als das Anti-Piraterie-Abkommen, das im EU-Parlament möglicherweise vor dem Aus steht, wollen die Autoren des Dokuments ihre Vorschläge offiziell auf Produktfälschungen beschränken und so den heftigen Protesten gegen mögliche Beschränkungen der Internetfreiheiten durch ACTA den Zahn ziehen. Im Vordergrund stehen sollen „freiwillige Erfolgsmaßnahmen zur Absicherung globaler Lieferketten“ und die Sicherheit von Arzneimitteln.

Um die Beschlagnahme von Produktfälschungen durch Zollbehörden an den Grenzen zu erleichtern, sieht die Initiative im Rahmen der führenden Industrienationen den Aufbau eines Frühwarnsystems vor. Darüber sollen Informationen über Lieferungen ausgetauscht werden, die potenziell illegale Güter enthalten könnten. Ferner sollen die G8-Staaten Strafvorschriften nicht nur gegen Importeure und Exporteure von Produktimitaten vorsehen, sondern auch gegen Transit-Lieferanten. An diesem Punkt würde die Vereinbarung über ACTA hinausgehen.

Der Abschnitt zu „freiwilligen Aktionen des Privatsektors“ zum Mindern von „Piraterie und Fälschungen“ wendet sich direkt unter anderem an Lieferanten, Zahlungsanbieter, Media- und Werbeagenturen und „ähnliche Interessensvertreter“. Gelobt werden Bemühungen von US-Firmen wie American Express, Discover, MasterCard, Paypal und Visa, die Konten von Verkäufern zu sperren, die fortlaufend international gefälschte Produkte anbieten. Internetprovider werden nicht explizit angesprochen. Die Formulierungen erinnern aber stark an die besonders umkämpfte ACTA-Klausel, die eine stärkere Zusammenarbeit von Zugangsanbietern mit Rechteinhabern fordert.

Beim Schutz von Medikamenten und gemeinschaftlichen Bemühungen, rechtswidrige Internet-Drogerien dicht zu machen, zieht die Initiative alle Register, die schon in derzeit auf Eis liegenden US-Gesetzesentwürfen wie SOPA (Stop Online Piracy Act) im Kampf gegen Filesharing-Netzwerke und Sharehoster angelegt sind. So soll die Internetwirtschaft dazu ermuntert werden, freiwillig Zahlungsflüsse zu blockieren, Webseiten zu sperren oder Transporte gefälschter Waren zu verweigern. Schließlich sollen die G8-Nationen die Strafen für den Verkauf von Arzneimittelimitaten empfindlich erhöhen.

Nach Ansicht der Bürgerrechtler von EDRI haben die Verfasser des Papiers aus den „offensichtlichen Fehlern in ACTA“ gelernt und suchen nach einer spezifischeren Problemlösung. Der Teil, der sich auf das Internet bezieht, sei aber zum Teil aus dem aktuellen Jahresbericht (PDF-Datei) des Weißen Hauses zur Durchsetzung der Rechte an immateriellen Gütern herauskopiert, beziehe Online-Vermittler mit ein und schieße übers Ziel hinaus.

Es gehe den USA darum, dort bereits verankerte oder im Raum stehende drastische Maßnahmen auf die restlichen G8-Länder auszudehnen, fürchtet auch die britische Politologin Monica Horten. Es sei nur eine Frage der Zeit, bis die Unterhaltungsindustrie mit ihren Forderungen auf den Zug aufspringe. Die Blogger von Netzpolitik.org warnen, dass die angestrebte „kooperative“ Rechtsdurchsetzung zu unberechenbaren Entscheidungen führen könne, die auf Prioritäten von US-Konzernen statt auf Rechtsstaatlichkeit basierten.

Quelle: heise.de