„Folgen Sie muenchen.de“ hieß es auf der Stadtwebsite – auf Twitter, Youtube, Google+ und … wo blieb Facebook?! Die Seite des Stadtportals war verschwunden. Der Vorfall zeigt, wie rigoros Facebook seine Marktmacht ausnutzt.

Seit vergangenen Freitag war die Facebook-Seite von muenchen.de nicht mehr im Netz. Die Aufregung beim Stadtportal war groß: „Wir hatten fast 400.000 Fans, die diese Seite gerne besucht haben“, sagte Lajos Csery, Geschäftsführer der Betreibergesellschaft von muenchen.de, zu BR.de. Die Fans waren mit der Seite verschwunden. Facebook-Ankündigungen des Stadtportals, die bislang automatisch bei diesen Fans ankamen, erreichten sie nicht mehr. Der Verlust an Reichweite der Kommunikation war enorm. Nun ist die Seite wieder da. Doch was war passiert?

Nach einer Woche hartnäckiger Anfragen bei der deutschen Facebook-Niederlassung weiß Csery nun Bescheid. Nachdem es zunächst hieß, es hätte in den USA „ein technisches Problem“ gegeben, hat sich schließlich herausgestellt: Die Seite wurde absichtlich vom Netz genommen, und zwar ohne jede Vorwarnung. Hintergrund war folgender: Facebook wird künftig neben zum Beispiel „Personen“, „Veranstaltungen“, „Gruppen“ und eben „Seiten“ auch Profile von Orten einführen. Um diese zu promoten, werden Städtenamen als Titel von „Seiten“ nicht mehr erlaubt.

Facebook setzte dem Stadtportal die Pistole auf die Brust: Man müsse sich einen neuen Namen für die Seite ausdenken, dann bekomme man auch die 400.000 Fans zurück, erklärt Csery, der merklich enttäuscht von seinem Geschäftspartner ist. „Wir haben auch viel Werbung auf Facebook geschaltet, da ist es schon bitter, wenn man dann einfach abgeschaltet wird“, sagt er. Und in der Tat zeugt die Löschung einer derart gut besuchten Seite einer bekannten Stadt aus heiterem Himmel, zumal bevor die neuen „Orte“ überhaupt eingeführt sind, von einer gewissen Arroganz. Oder man könnte auch sagen: vom Wissen um die eigene Marktmacht.

Denn von dem Facebook-Auftritt trennen wollte man sich bei muenchen.de auf keinen Fall. Das weltgrößte Soziale Netzwerk, laut Csery gerade in und um München überdurchschnittlich stark genutzt, sei für das eigene Standortmarketing unverzichtbar. Das Wort „Erpressung“ spricht Csery nicht aus, doch macht er klar, dass ihm und seiner Truppe nichts anderes übrigblieb, als sich schnellstmöglich einen neuen Namen auszudenken. Das wurde nun getan: Fortan heißt die Seite „Stadtportal München“ – und ist bereits wieder am Netz. Die Fans sollen laut Facebook von der alten Seite sozusagen umgezogen werden, was bislang allerdings sehr langsam passiert: Nur 1.165 waren nach einigen Stunden wieder da. In diesem Tempo würde es Wochen oder gar Monate dauern, bis alle wieder zurück sind.
Parallelen zu Vorfall in Österreich

Die Angelegenheit erinnert an einen Vorfall aus Österreich: Im Januar hat das Soziale Netzwerk Facebook die Seite des Radiosenders Antenne Vorarlberg mit 20.000 Fans ohne Vorankündigung gelöscht. Laut einer Meldung auf der Website des Senders gab es auf Rückfragen, warum die Seite verschwunden sei, nur vorgefertigte Standardsätze wie „Deine Seite wurde entfernt, weil sie gegen unsere Nutzungsbedingungen verstoßen hat“, aber keine persönliche Antwort.

Nur noch den Hinweis: „Einen persönlichen Support geben wir (. . .) nur bei einem wiederkehrenden Budget von mindestens 10.000 Euro im Monat. Sobald sich das Budget in diese Richtung entwickeln würde, haben wir die Möglichkeit, persönlichen Support für die ANTENNE VORARLBERG zu geben.“ Mit derartigen Aussagen wurde muenchen.de nach den BR-Recherchen nicht brüskiert. Dennoch zeigen beide Fälle, wie rücksichtslos Facebook seine Monopolstellung ausnutzt.

Quelle: www.br.de